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Regionale Besonderheiten

Berlin

Fast 1,4 Millionen Tonnen Haushaltsabfälle produziert Berlin. Fast 900.000 Tonnen, also mehr als 60 Prozent, landen immer noch als unsortierter Haus- oder Sperrmüll in der grauen Tonne. Aber immerhin eine halbe Million Tonnen werden inzwischen getrennt erfasst und nach der Sortierung auch wiederverarbeitet. Besonders stolz sind die Berliner dabei auf die Wertstofftonne, schließlich machte deren Einführung 2013 die Hauptstädter zum Vorreiter bei der Verwertung von Materialien, die zwar keine Verpackungen, aber aus dem gleichen Stoff sind, und damit ebenfalls recycelt werden können. Die blauen Tonnen sind für Altpapier, die braunen für Essensreste und Gartenabfälle, die gelben und orangen Wertstofftonnen für Kunststoff-Verpackungen, Konservendosen, aber auch Eimer oder Plastik-Spielzeug, die grauen Tonnen schließlich sind für den Restmüll vom Staubsaugerbeutel über ausgemustertes Geschirr bis hin zu Windeln und Taschentüchern. Und dann gibt es noch die Glascontainer für die Trennung von Braun- Grün- und Weißglas.

Für Verpackungsabfälle und Kunststoffe gibt es in Berlin sowohl die gelbe, als auch die orange Tonne (Foto: Berliner Stadtreinigung)

Die Berliner Stadtreinigung (BSR) und Alba, ein kommunaler bzw. privater Betreiber, sind gemeinsam für die Abfallwirtschaft in Berlin zuständig. In der Stadt gibt es eine Reihe von Unternehmen, die in der Abfallwirtschaft tätig sind. Mit einer Kapazität von 140.000 Tonnen verfügt Mahlsdorf über eine der modernsten Anlagen in Europa. Neben den Abfällen aus Berlin werden hier auch Verpackungsabfälle aus dem Umland angeliefert.

Verarbeitungskapazitäten der Berliner Stadtreinigung (Quelle: BSR)

Insgesamt werden in Berlin 34 Prozent der Leichtstoffverpackungen recycelt, der Rest wird zur Energiegewinnung genutzt. Noch höher ist die Recyclingquote bei Papier (99 Prozent) und Glas (97 Prozent). Dafür verantwortlich ist auch die von BSR und Remondis gebaute Papiersortieranlage Neukölln, die Altpapier, Karton und Pappen verschiedener Qualität sortiert, presst und anschließend wieder vermarktet. Die Kapazität der Anlage liegt bei 225.000 Tonnen.

Aber auch der Restmüll in der grauen Tonne landet nicht auf der Deponie. Zwei Mechanisch-Physikalische Stabilisierungsanlagen (MPS) in Berlin bereiten die Abfälle auf. Durch die Nachsortierung können immerhin noch vier Prozent der Menge recycelt werden. Der Rest wird getrocknet und zur Energiegewinnung genutzt. Das Müllheizkraftwerk Ruhleben kann über 500.000 Tonnen Abfälle pro Jahr verbrennen – dank einer Rauchgasreinigungsanlage mit Ausstößen weit unterhalb der festgelegten Schadstoffgrenzwerte. Der entstehende Prozessdampf wird für die Strom- und Fernwärmeproduktion genutzt.

Zu guter Letzt werden auch die Bioabfälle effizient genutzt: Die 60.000 Tonnen Bioabfälle gehen in die Biogasfermentierungsanlage Berlin Ruhleben und werden dort vergoren. Dabei entsteht Biogas, das nach seiner Aufbereitung die gleichen Eigenschaften wie Erdgas aufweist und damit ins Stadtgasnetz eingespeist werden kann. Auch die Stadtreinigung selbst nutzt das Biogas, indem sie immerhin 165 Müllsammelfahrzeuge, also rund die Hälfte ihrer Flotte, damit betankt. Die Nutzung der Bioabfälle verringert die CO2-Emissionen um 9.000 Tonnen pro Jahr. Die Reste werden als Dünger für die Landwirtschaft verkauft.

Hamburg

Von der Müllverbrennung zum Recycling: Das Entsorgungssystem in Hamburg wird grunderneuert, um die Wiederverarbeitung von Abfällen auszubauen. Zudem können sich Hamburger per App über Müllvermeidung und nachhaltigen Einkauf informieren

Müllgreifer im Einsatz (Foto: Stadtreinigung Hamburg)

Die Abfallwirtschaft war in der Vergangenheit nicht gerade die Stärke Hamburgs. 1896 zogen die Senatoren einen radikalen Schlussstrich und eröffneten in der Stadt die erste Müllverbrennungsanlage auf dem europäischen Kontinent. Damit schien das Müllproblem erst einmal aus der Welt und tatsächlich spielt die so genannte thermische Verwertung von Abfällen bis heute eine große Rolle in der zweitgrößten Stadt Deutschlands. 2018 wurden nach Angaben der Hamburger Stadtreinigung (SRH), die als kommunales Unternehmen quasi eine Monopolstellung besitzt, rund 470.000 Tonnen der angefallenen 750.000 Hausmüll verbrannt.

So wird im Stadtteil Bahrenfeld am Standort der ehemaligen Müllverbrennungsanlage Stellinger Moor seit 2019 das Zentrum für Ressourcen und Energie (ZRE) gebaut, ein modernes Abfallbehandlungszentrum, das durch die Kombination unterschiedlicher Verarbeitungsverfahren die Recyclingquote in Hamburg deutlich erhöhen soll. Das gut 300 Millionen Euro teure ZRE besteht aus fünf Teilanlagen.

Für ein stärkeres Recycling soll eine Sortieranlage mit einer Kapazität von 140.000 Tonnen sorgen. Hier landet der größtenteils nicht vorsortierte Hausmüll aus dem Nordwesten Hamburgs, wo wegen der engen Bebauung die Aufstellung mehrerer Müllcontainer oft nicht möglich. Die Sortieranlage holt aus diesen Abfällen verkäufliche Wertstoffe wie Metalle, Glas und Kunststoffe. Im nächsten Schritt zieht das ZRE dann in einer Vergärungs- und Kompostierungsanlage bis zu 45.000 Tonnen Bioabfälle aus dem Müll, aus denen Biogas für das städtische Erdgasnetz gewonnen wird.

Innovativ zeigt sich die Stadtreinigung Hamburg mit dem Kaufhaus Stilbruch und der App „Zero Waste Map“. In drei Filialen bietet Stilbruch Second Hand Artikel an, die aus dem Sperrmüll oder bei Haushaltsauflösungen gerettet wurden. Die Handy App hingegen soll den Hamburgern helfen, weniger Abfälle zu produzieren. Aufgeführt sind beispielsweise Geschäfte, in denen Waren unverpackt eingekauft werden können, oder auch Tauschhäuser, wo Ungenutztes abgegeben und von anderen mitgenommen werden kann.

München

Das Oktoberfest als Vorzeigeobjekt: Jedes Jahr zieht die Veranstaltung Millionen Besucher aus dem In- und Ausland an. Es wird gefeiert, gegessen und – noch mehr – getrunken. Der Umsatz liegt bei mehr als einer Milliarde Euro.

Müllfahrzeug des Abfallwirtschaftsbetriebs München (Foto: muenchen.de)

Die Kehrseite der Medaille: Die Besucher hinterlassen jede Menge Müll. Rund 1.000 Tonnen Abfall werden produziert. Immerhin: Gegenüber früheren Jahren wurde die Müllmenge pro Besucher deutlich verkleinert. Seit 1991 schon gibt es ein Verbot für Plastikgeschirr, Pappbecher und Getränkedosen. Ließ davor jeder Gast etwa zwei Kilo Restmüll zurück, sind es inzwischen laut Stadtverwaltung nur noch 160 Gramm. Ein deutlicher Fortschritt.

Für die Entsorgung von Verpackungen sind in der bayrischen Landeshauptstadt Remondis und Wittmann verantwortlich. Ihnen hat die Stadtverwaltung rund 1.000 Plätze für Wertstoffsammelinseln zur Verfügung gestellt. Dort können die Bewohner Glas, Kunststoff und Metalle in die Container einwerfen. Laut Stadtverwaltung soll die zentralisierte Entsorgung den Unternehmen bei der Abholung Kraftstoff sparen und damit letztendlich auch die CO2-Emissionen senken. Dafür verlängert sich allerdings der Weg der Münchner selbst, wenn sie ihre Verpackungen loswerden wollen. Kritiker bemängeln, dass daher zuviel Plastik im Restmüll landet und sehen Verbesserungsbedarf.

Innovativ hingegen ist die Nutzung der organischen Reststoffe. Bei der Vergärung und Kompostierung in der Trockenfermentierungsanlage entstehen Biogas – das zu Ökostrom umgewandelt wird – und Kompost, der unter dem Siegel Münchner Erden an Gartenbetriebe in der Region weiterverkauft wird. Daneben unterhält die AWM in München noch zwölf Wertstoffhöfe, wo Bürger Sperrmüll, Problemstoffe (wie Batterien und Energiesparlampen), aber auch Grünschnitt abgeben können.

Bioabfallsammlung und –verwertung in München (Video Abfallwirtschaft München)

Insgesamt beläuft sich das Abfallaufkommen in der Millionenstadt laut AWM auf 564.000 Tonnen Abfall, die Recyclingquote liegt demnach bei 55 Prozent. Was nicht wiederverarbeitet werden kann, nutzt die AWM zur Energiegewinnung. Die Strom- und Wärmegewinnung aus Abfällen belief sich 2017 auf gut 960.000 Megawattstunden, der Bedarf von mehr als 300.000 Haushalten.

Müll ist in München sogar zum Wahlthema geworden: Vor der für 2020 geplanten Oberbürgermeisterwahl hat Amtsinhaber Dieter Reiter eine Initiative für Müllvermeidung gestartet. Die Stadtverwaltung will zunächst bei der Vergabe kommunaler Einkaufs-Aufträge die Abfallvermeidung zu einem Kriterium machen. Auf Dauer soll das Konzept aber auch auf Einzelhandel und Gastronomie ausgeweitet werden, um München zur „Zero-Waste-City“ zu machen.